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Einen zweiten Frühling für Motorschiff Mythen

Es ist die Geschichte in drei Akten eines Motorschiffs auf dem Vierwaldstättersee, das vor der Verschrottung erhalten werden soll.

Einen zweiten Frühling für Motorschiff Mythen



Ende März 2021 in Luzern. Drei Personen stehen am Quai in Luzern und schauen wie das Dampfschiff Stadt Luzern Instruktionsfahrten unternimmt. Es ist die Geschichte des ältesten selbst gebauten Motorschiffes auf dem Vierwaldstättersee zu erhalten.

Lassen wir die Geschehnisse Revue passieren. 

 

 

 

Februar 2020 

Ankündigung der Schifffahrtsgesellschaft Vierwaldstättersee (SGV): Motorschiff Mythen wird Ende 2020 ausser Betrieb genommen. Das Schiff fährt im Sommer und Herbst mehrheitlich im Urnersee. Dabei wird auch die südlichste Station auf dem Vierwaldstättersee in Seedorf angefahren. 

Sommer / Herbst 2020

Auf einer Fahrt auf dem Motorschiff Mythen auf dem Urnersee wird die Idee geboren, dass das Schiff nach Ausserbetriebnahme einem anderen Verwendungszweck als Kursfahrten zugeführt werden könnte. Ist die Idee wirklich so gut? Zweifel kommen dem schiffsinteressierten Fahrgast auf. Wer hat schon Interesse für so etwas.

 

 

 

 

Herbst 2020

Anfang September 2020 fährt das Schiff an zwei Tagen im Luzerner Becken. Die Idee für den Erhalt des Schiffs bekommt wieder neue Impulse. Man könnte ja mal fragen was der nautisch bewanderte Fachmann von der Idee hält. Und kann der Unternehmer aus der Innerschweiz überzeugt werden?

Plötzlich geht es schnell. Ja, das ist ein Projekt, das müssen wir ansehen. Ein Anruf bei der SGV am 25. September 2020: Würdet ihr dem  Schiff einen zweiten Frühling gönnen?,Die Anfrage wird nach einem Tagen mit einem Ja beantwortet. Details müssten noch besprochen werden, aber grundsätzlich ist es möglich. Einzige Bedingungen: Der Entscheid muss bis Ende 2020 getroffen und ein Ankerplatz vorhanden sein.

Die drei Personen setzten sich zusammen und das weitere Vorgehen wird definiert: technische Abklärungen, Standort und weitere involvierte Personen werden kontaktiert. Gibt’s es direkt Personen, die sich dem Vorhaben quer stellen könnten?
Wie kann der Betrieb von Motorschiff Mythen als Restaurant erfolgen? Wie ist das Konzept für die Restauration, Anlieferung, Anbindung an Wasser, Abwasser, Strom,  Zugang zum Schiff. Diverse Fragen stehen im Raum. Pläne werden gezeichnet, Wassertiefen gemessen. Es ist möglich sagen die drei Personen. 

Ein Platz in Luzern wird gefunden. Dieser Platz im Vierwaldstättersee liegt nicht in der Bauzone. 

Weiter wird die Historie zum Schiff zusammengestellt.

 

 

 



Extrafahrt Mai 1966

Aus dem Photo-Archiv von Luzerner-Dampfschiff.ch gibt’s einen kurzen Einschub.


Dass nicht nur Kursfahrten auf dem Programm standen, sondern auch Extrafahrten, beweist das Photo des Brautpaars von Mai 1966 hinter dem Steuerrad. Bei der Recherche wurde festgestellt, dass die Dame auf dem Photo die Tochter von Kapitän Huber war. Und Kapitän Huber war der Kapitän, der am 08.08.1964 mit dem Dampfschiff Wilhelm Tell an die Station Hertenstein anlegen sollte. Zu diesem Zeitpunkt schoss eine Flutwelle vom Bürgenstock her, ausgelöst durch einen riesigen Bergsturz, direkt auf das Dampfschiff zu. Der Kapitän realisiert dies bevor er anlegen wollte und steuerte das Schiff Richtung Welle, um erfolgreich dem Aufprall des Schiffs an der Station zu entkommen. 

Andere Schiffe wurden in Weggis und Vitznau vom Wasser Richtung Land katapultiert oder sanken.  

(Geschichte lesen)  Und das Dampfschiff Wilhelm Tell ist heute ein Restaurant-Schiff, das  während 365 Tagen im Jahr die Dampfschifffahrt auf dem Vierwaldstättersee bei jedem Wetter repräsentiert.
Ist das ein gutes Omen für die drei Personen mit der Idee für das Restaurant Motorschiff Mythen?

Die Unterlagen werden gelesen, gegengelesen und redigiert. Das Dokument ist komplett und wird direkt an den Regierungsrat des Kantons Luzern am 7. Oktober 2020 geschickt. Dieser schickt es weiter an die verantwortliche Dienststelle Raum und Wirtschaft (RAWI).
Die Präsentation der Idee wird für den 16. November 2020 einberufen. Die Lösung als Restaurations-Schiff wird präsentiert. Das Anliegen wird von den anwesenden Fachpersonen aus dem RAWI entgegengenommen. Weitere Abklärungen sind nötig die durch diverse Instanzen, die für ein stillgelegtes Schiff , benötigt werden.
Langsam wird die Zeit knapp. Corona ist überall in der Schweiz präsent, alles dauert etwas länger. Bis Ende Dezember 2020 sollte man wissen, ist es möglich, dass das Motorschiff Mythen einen zweiten Frühling erlebt. 

Weihnachten 2020

Kurz vor Weihnachten am 21. Dezember 2020 trifft die Antwort des Kantons Luzern ein. Ddiverse beteiligte Institutionen haben Feedbacks zur Projektidee formuliert. 
Ist es möglich, das Motorschiff zu erhalten?
Beim Lesen der Vernehmlassungs-Antworten der involvierten Amtsstellen wird klar, 

 

    • dass Luzern keine Hafenstadt ist 
    • und alte Schiffe nichts im Wasser verloren haben. 
    • See bzw. Seeuferanlagen sollen nicht mit gastronomische und touristische Angebote bespielt werden.
    • Weiter möchte die Stadt Luzern, dass der Kanton Luzern die Sichtweise übernimmt. Dies wird in der Stellungnahme unverblümt kundgetan.
    



Luzerner-Dampfschiff.ch hat Einsicht in die Unterlagen. Wir zitieren aus den Antworten der Vernehmlassung.

 

 

Wie steht es mit einer potenziellen Bewilligung?

 

 

Das Schiff müsste einer gründlichen Schalenkontrolle unterzogen werden. Andere Vorgaben sind umsetzbar.

 

 

Die Wasserpolizei Luzern empfiehlt, dass das Schiff gut vertäut und verankert werden muss. Als weitere Empfehlung wird aufgeführt, dass die Nachtruhe der Anwohner gewahrt werden muss.

 

Die Kooperation Luzern die die Fischrechte inne hat, ist dem Vorhaben positiv eingestellt.


SGV als Besitzer des Motorschiffs steht einem Übertrag an die neuen Eigentümer nichts im Wege. Erwähnt wird, dass das Schiff in einem schlechten baulichen Zustand sei.

 

Was kostet diese Abklärung?

 

Die Stellungnahme von der Stadt Luzern vermerkt, dass Luzern keine Hafenstadt ist und hofft, dass diese Sichtweise auch beim Kanton Luzern in die Geschichtsbücher eingehen wird.

 

 

 

Weiter ist in der Stellungnahme der Stadt Luzern zu lesen, dass aus gastronomischer und touristischer Sicht ausrangierte Schiffe nicht im Sinne der Nutzung des Sees bzw. der Seeuferanlagen sind.

 

 

 

 

Das Schiff quetscht sich an einer engen und flachen Stelle zwischen bestehendem Steg und Ufer, was auch zu einer wenig vorteilhaften Lage führt.

 

 

 

Am Schluss der Stellungsnahme der Stadt Luzern ist ein kleiner Vermerk angebracht. Ein Schiff dient einem bestimmten Zweck und muss nicht unbedingt auf dem See gehalten werden, wenn es seine Lebensdauer erreicht hat.

 

 

 

Die Höhe des Schiffs ist auch noch erwähnt.

 

Je nach Wasserstand, der vom Kanton Luzern mittels Wehr gesteuert wird, wäre die Höhe je nach Schmelzwassermeng aus dem Kanton Uri und Jahreszeit vielleicht auch noch relevant. Wenn die Urner zu viel Schnee haben, wird im Frühling das Schiff die Sicht auf die Berge versperren.

Die Begründung erinnert an den letzten Teil der Hofbrücke, die 1852 abgebrochen wurde. Damals stand hinter dem Gotthardgebäude, das zwischen 1886 bis 1889 erbaut wurde, ein Hotel. Die Sicht aus dem Hotel auf die Berge für die Gäste sei durch die Hofbrücke stark beeinträchtigt. (Q: Führung Denkmalpflege vor sechs Jahren).
Wer würde sich heute für den Abriss der Kapellbrücke einspannen? Die Geschichte lehrt uns etwas anderes. 

 

 

Was bleibt
 

Ein Schiff das zurzeit bei der Publikation des Blog-Post am 1. April 2021 in der Werft der SGV vertäut ist. Ein Rückbau des Schiffs wurde von Seiten der SGV zeitlich in die Zukunft verschoben.

 

Vielleicht gibt es einen Landbesitzer, der das Schiff auf seinem Grundstück einem neuen Verwendungszweck zuführen möchte. Im Berner Oberland ist zurzeit ein Aktionskomitee aktiv, dass mit dem Projekt  Schiff an Land  zwei BLS Schiffe retten will.  Schiff an Land Die Verantwortlichen sind zurzeit an der Realisierung der Machbarkeitsstudie und sind optimistisch den Projektpfad weiter zu beschreiten.
 


Ist das für Motorschiff Mythen auch möglich? Gibt es in Luzern Land für ein Schiff? 


Zurück an den Quai in Luzern: Das Dampfschiff Stadt Luzern hat den Weg zurück in die Werft gefunden. Die grosse Eröffnungsfahrt im Frühling wird auf den 11. September 2021 verschoben. 

 

 

Zur Geschichte des Motorschiffs Mythen

Das Motorschiff Mythen wird im Sommer 2021 90 Jahre alt. Es wartete einst mit einigen Innovationen auf. Sozusagen als vorgezogenes Geburtstagsgeschenk fuhr es jeden Abend bis November 2020, für einige Sekunden vor 100‘000 Zuschauern, durch den Vorspann der Sendung Schweiz Aktuell auf SRF 1.

Der Blick zurück in die Zwischenkriegsjahre zeigt uns, dass innerhalb der damaligen DGV (Dampfschiff-Gesellschaft Vierwaldstättersee) in Luzern, Schiffe entworfen und gebaut wurden. Dazu wurden in der Werft Pläne gezeichnet und unter Einbezug neuer Technologien Schiffe erstellt. Bis dato waren die Dampfschiffe von Escher & Wyss Zürich und Gebr. Sulzer Winterthur entworfen und gebaut worden. Mit dem neuen Konzept, die Schalenbleche durch Lichtbogenschweissung zusammen zu bauen und dadurch die Nieten, inkl. das Zusatzgewicht von 2.3 Tonnen zu sparen, war zu dieser Zeit für eine Innovation gesorgt. 

Im Januar 1930 wurde der Entscheid getroffen, das Schiff zu bauen und schon ein Monat später war der Name des Schiffes erkoren. Mit einer Länge von 30 Metern war es bis nach dem Krieg das grösste Motorschiff der Flotte und als Novum waren die Aufbauten aus Aluminium aus Neuhausen (SH) gefertigt. Ein Vorteil war damals schon, dass der Schiffsbetrieb mit einer Zwei- Mann-Besatzung möglich war.

Gemäss einer Statistik von Ende 2019 hatte das Motorschiff Mythen über 2.5 Mio. km zurückgelegt. Das ist die höchste Fahrleistung aller Dampf- und Motorschiffe der SGV bzw. DGV. Rechnet man die geleistete Kilometerleistung in Relation zur Strecke Luzern – Flüelen – Luzern, ist das Motorschiff Mythen seit 90 Jahren jeden Tag diese Strecke gefahren

Der Einsatz des Motorschiffs Mythen war in den letzten Jahren mehrheitlich im Urnersee. In den vergangenen Jahren sind jüngere und grössere Motorschiffe auf dem Vierwaldstättersee ausgemustert worden. Das Motoschiff Pilatus hätte nach den ersten Plänen nach Venedig transportiert und wieder zusammengebaut werden sollen. Die Geschichte endet dann anders - direkt im Schmelzofen. Das Motorschiff Rigi wurde auch abgebrochen und das Steuerhaus steht jetzt in einem Luzerner Garten.

Das Motorschiff Mythen ist ein exemplarischer Zeuge der Technikgeschichte und der Schweizer Schiffbautradition und kann auch unseren nächsten Generationen zeigen, wie Schiffe mit vielen Innovationen vor 90 Jahren gebaut wurden. 

Eine Weiterfahrt, nicht nur als stummer Zeitzeuge im Fernsehen, ist mit der Idee für ein weiteres Schiffsrestaurant in Luzern wurde angedacht, eine neue innovative Lösung für den Erhalt des Schiffs scheint mit vielen Hindernissen fast unmöglich zu sein.

Falls gerade du diesen Text hier noch liest und Land oder Möglichkeiten siehst, gibt uns ein Feedback im Formular.  

 
Recherchen Geschichte:  Bruno Gisi, Luzerner.ch 
Photo: Archiv Luzerner Dampfschiff und Printscreen von den Projekt Beteiligten 
Publikation: 1. April 2021 

 

Updates:

 

  • Nach der Publikation des Blogpost auf www.Luzerner-Dampfschiff.ch hat die Luzerner Zeitung einen Artikel über Motorschiff Mythen am 22.4.2021 und 24.4.2021 publiziert.
  • Die FDP Fraktion im Grossen Stadtrat von Luzern hat am 26.4.2021 ein dringliches Postulat eingereicht.


     

 

 

 

 

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