Fast alles ist am Publikumstag organisiert, nur der älteste Urner hat verschlafen. Regen wechselt mit Sonnenschein im Stundentakt ab. Genau wie die SBB die am Wochenende nach der Eröffnung, schön schweizerisch, im Norden wie im Süden den neuen Gotthardtunnel mit verschieden Ausstellungen dem Publikum stolz präsentiert.
Auf dem Gemälde von Rudolf Kollers «Die Gotthardpost» aus dem Jahr 1873, fährt die Kutsche mit dem 3-Spänner. In der Inszenierung von Volker Hesse mit 350 DarstellerInnen in der alten Betonhalle, die bald wieder abgerissen wird, trabt als Entrée die 5-spännige Gotthardpost vor 1600 Besuchern durch die Halle.
Der erste Teil der Inszenierung widmet sich dem Tunnelbau, der Waghalsigkeit der riesigen Gesteinsmassen die es zu bezwingen gilt.
Der zweite Teil erzählt von den Gefahren. Geschichten über böse Bergdämonen, untermalt mit langezogenen Lauten der Jodlerinnen und Jodler über die Berghänge, lässt uns erschaudern.
Die von Manneskraft gezogenen Züge fahren durch die Halle zum Eröffnungsfest, die Dämonen verschwinden und werden lustig im dritten Teil. Nord trifft Süd und die Delphine schwimmen hinüber. Die heilige Barbara beschliesst die Szene.
Sie steigt als letzte von ihrem Posten hinunter. Für die Besucher nicht sichtbar, warten die Schauspieler draussen auf ihren Einsatz. Und wenn der Einsatz beendet ist, rennen sie um die Halle um wieder in anderer Funktion auf den Wagen aufzuspringen und durch die Halle gezogen zu werden.
Die Holzinstrumente werden mit Sonnenschirmen gegen den Regen geschütz. Diese fliegen vor Einfahrt in die Halle weg, nur einer bleibt stehen. Das Tor schliesst sich nach jeder Hinausfahrt des Zuges wieder - von Hand gezogen. Und fährt der Zug mit den JodlerInnen hinaus, singen sie trotz starkem Regenschauer einfach weiter.
Da gibt es Politiker (BR's), die waren an der Premiere hell begeistert und andere die die Mauleggen verzogen haben. Einer von jenen, der an der Premiere an vorderster Front mitgewirkt hat meint: Er sei zwar ein Büezer, aber die Inszenierung gefallen ihm sehr und es mache ihm Spass, mit zumachen. Vielleicht siehst du den Mann im Video der stolz war, dabei zu sein, wenn er zur Kamera lächelt…
Für die Durchfahrt in den Süden stehen pro Stunde drei Züge bereit.
Vor dem Einstieg in den Pendelzug wird jedes Ticket mit einem roten Filzstift markiert. Mit dem Handyticket gibt’s keinen roten Strich und ein Scanner ist auch nicht zu Hand. Die Tickets werden angeschaut und man wird durchgewunken. Der Regen ist jetzt intensiver und die Leute sind froh, im Zug zu sitzen.
Auf der Fahrt durch den beleuchteten Basistunnel wird vor der Porta Alpina (Notstollen Sedrun) bzw. dem Pendant im Süden hingewiesen. Dass auf der Fahrt vom Süden Richtung Norden die Erklärungen fehlen, erzählt uns ein Kollege.
In Pollegio angekommen, steht am Ende des Tunnels, schön einzäunt der Bohrkopf. In Luzern beim Verkehrshaus, kann jedes Kind das wil auf dem Bohrkopf rumklettern, heute ist alles versperrt. "Die Gleise sind ja richtig rostig" sagt einer beim Aussteigen, da sind noch nicht viele Züge darüber gefahren. Das wird sich bald ändern.
Auf dem Festgelände lächelt Alfred Escher auf die gelben Lozärner Güselsäcke herunter. Die Alphornbläser spielen im grossen Kreis, die Temperatur steigt jetzt auf 28 Grad. Eine Aufführung im Freigelände hier lassen wir aus. Der Zug Richtung Norden über die Bergstrecke wartet und fährt zurück nach Rynächt.
Im Festplatz Rynächt gibt’s verschieden Ausstellungen durch Firmen, die in irgendeiner Form am Tunnelbau beteiligt waren. Der Kanton Uri
mit dem UriVersum. Im grossen Dom-Zelt steht der Teufelssteins inklusiv aus den Videobeamer herunter triefendes Wasser. Was an der Expo in Mailand real über die Gotthardgesteine geflossen ist, wird hier visuell dargestellt, was viele Besucher animiert, mit den Händen zu schauen ob das Wasser nass ist.
Die ausgestellten Kristalle bleiben hier, Postkarten kann man mitnehmen. Der Markt mit Urner Spezialitäten lädt zum "Krömlen" ein.
Der letzte Zug nach Pollegio steht bereit. Aus den Lautsprechern auf dem Gelände erfolgt die Durchsage, es der letzte Zug bald abfährt. Von den ca 70'000 Besuchern haben ihn etwa die Hälfte benutzt um in die Sonnenstube zu gelangen. Mit der Gotthardpost fuhren in einem Jahr 70'000 Besucher über den Gotthard anno dazumal. Zwölfmal wurden auf der Tagreise von Flüelen nach Como, die Pferde gewechselt.
Die Postautos chauffieren die Besucher zwischen den beiden Urner Festgeländen hin- und her. In Erstfeld steht das Depot heute weit offen.
Die Lokomotiven mit oder ohne Dampf, ein roter Pfeil von rechts ud und von unten, die Szenerie erinnert ans Verkehrshaus in Luzern. Hoffentlich wird das Depot inkl. Kaffeestube nicht zur Konkurrenz vom Verkehrshaus, die Gotthardbahn muss erlebbar sein mit dem Einsatz der Historic Transportmittel und keine Abstellkammer.
Ob die Fensterläden oder das Plakat der Gotthardbahn älter sind?
Zwischen modernen Betriebsgebäuden wird das Krokodil verschoben. Die Dampflokomotive rattert vorbei und fährt einige 100 Meter. Göschenen ist weit weg.
Einfahrt des Schnellzuges Richtung Luzern mit 5 Minuten Verspätung. Erstfeld ist ab Dezember 2016 vom Schnellzugfahrplan verschwunden. Die Häuser am Bahnhof werden zum Teil neu gebaut, vielleicht weil es in Zukunft ruhiger wird - hoffentlich nicht zu ruhig, so dass die Gotthardstrecke in einen Tiefschlaf versinkt, aus dem sie nie mehr erwacht!